Fachinformationen

Hochaufgelöste Verdunstungswerte - Basics und Ergebnisse aus 2018

Autoren: Rainer Schlepphorst, Beate Zimmermann, Veikko Junghans und Michael Hauboldt-Rosar (FIB e.V.)

Die Messung der Pflanzentemperaturen zur Einschätzung der Wasserversogung hat folgenden Hintergrund: Bei der Transpiration verdunsten Pflanzen Wasser über die Stomata. Verdunstung ist der Übergang von flüssiger zu gasförmiger Phase, unterhalb des Siedepunktes, bei dem es zum Aufbrechen von Wasserstoffbrückenbindungen kommt. Die für diesen Prozess notwendige Energie wird in Form von Wärme aus der Umgebung entnommen. Es kommt dadurch zu einer Abkühlung der Blattoberfläche.

Während Blattoberflächen von Pflanzen, die ausreichend mit Wasser versorgt sind und daher in vollem Umfang transpirieren, kühler sind als die Temperatur der Umgebungsluft, weisen gestresste Pflanzen mit eingeschränkter Wasserversorgung keinen deutlichen Kühlungseffekt auf oder sind sogar wärmer als die Umgebungsluft. Neben der Wasserversorgung beeinflussen auch klimatische Faktoren die Höhe der Transpiration, und zwar insbesondere das Dampfdruckdefizit der Luft, also die Kapazität der Luft Wasser aufnehmen zu können. Dies ist in Trockenperioden und bei mehr oder weniger uneingeschränkter Sonneneinstrahlung in der Regel höher, als bei bedeckten Wetterlagen oder nach einer Regenperiode.

Für eine Bewässerungssteuerung, die sich am tatsächlichen Wasserbedarf der Pflanzen orientieren soll, ist allein die Information zur Blatttemperatur deshalb nicht ausreichend. Es existieren dazu verschiedene Lösungsansätze. In dem Projekt wird die Aktuelle Evapotranspiration des Pflanzenbestandes hergeleitet, weil diese direkt zur Berechnung einer erforderlichen Wassergabe genutzt werden kann.

Im Bewässerungssteuerungsmodell IRRIGAMA Steering, das im Projekt aus dem Modell BEREST 90 weiterentwickelt wurde und zur Bewässerungssteuerung auf den Praxis-Versuchsschlägen verwendet wird, erfolgt die Ermittlung von Bewässerungszeitpunkten und Gabenhöhen aus der Berücksichtigung verschiedener Parameter. Unter anderem wird die Aktuelle Evapotranspiration aus meteorologischen Faktoren, dem berechneten Bodenwasservorrat und hinterlegten Pflanzenbestandsinformationen wie Fruchtart oder Entwicklungsstadium berechnet. Sie wird allerdings nicht im Bestand gemessen und verifiziert. In IRRIGAMA Steering ist im Laufe der Projektbearbeitung eine Möglichkeit geschaffen worden, externe Informationen zur AET einzubinden, um das Modell zu kalibrieren. Der Ansatz im Projekt ist deshalb, mit Hilfe der Infrarot-Thermografie die tatsächlich vorherrschende AET auf Grundlage der Blattemperaturen zu bestimmen und sie als Korrekturfaktor in IRRIGAMA Steering einzubeziehen.

  • Infrarot-Thermografie

Blatttemperaturen als Stressindikator lassen sich punktuell mit Blattthermometern erfassen. Für eine flächige Aufnahme, wie sie für die Bewässerungssteuerung auf Ackerflächen sinnvoll ist, eignen sich Wärmebildkameras (Infrarotkameras), die den Bereich des elektromagnetischen Wellenlängenspektrums von ca. 8 bis 14 µm erfassen.

Mit Hilfe eines UAV (Oktokopter) werden deshalb im Projekt entlang von Flugrouten auf den Praxis-Versuchsschlägen Aufnahmen der Pflanzenbestände mit einer Wärmebildkamera und einer Kamera, die nur den roten und nah-infraroten Teil des Lichtspektrums erfasst, erzeugt.

  • Datenverarbeitung

Ein erheblicher Teil der Rasterzellen oder Pixel in den Aufnahmen der Wärmebildkamera sind aufgrund der relativ geringen Auflösung Mischpixel. Sie enthalten einen gewissen, unbekannten Anteil Pflanzen und einen weiteren Anteil, der nicht zu den zu beobachtenden Pflanzen zählt, beispielsweise Boden oder Begleitvegetation. Für die Bewässerungssteuerung sind aber eigentlich nur die Informationen der Kulturpflanzen von Interesse.

Es entstehen durch umfangreiche Berechnungen sowohl reine Pflanzen- als auch reine Bodentemperaturenabbildungen.

  • Two-Source-energy-Balance (TSEB)-Modell

Die beiden Temperatur-Orthomosaike sind zentrale Eingangsgrößen im TSEB-Energiebilanzmodell, mit dem die Aktuelle Evapotranspiration einer konkreten Fläche berechnet werden kann. Das temperatur-basierte Two-Source-Energy-Ballace-Modell unterteilt die Energieströme (Fluxe) und die Evapotranspiration über einem Pflanzenbestand in einen pflanzenbasierten und einen bodenbürtigen Anteil und ermöglicht es, die Evaporation des Boden und die Transpiration der Pflanzen getrennt voneinander einzuschätzen. Der Ansatz wurde von Norman & Kustas et. al (1995) entwickelt.

Erste Ergebnisse

Im Projekt konnten erste Berechnungen mit den vorhanden und bereits ausgewerteten UAV-Daten mit durchgeführt werden. Die Berechnung der AET auf dem Praxisschlag Schöllnitz am 09.07.2018 hat eine Auflösung pro Rasterzelle von 5 m. Die AET des Maisbestandes schwankte zwischen etwa 0 und 7 mm.

Die Weiterverarbeitung der Daten der beiden Kameras ist allerdings sehr zeitaufwendig, sodass Ergebnisse zur Integration der Temperatur-basierten AET in IRRIGAMA-Steering erst in 2019 zu erwarten sind.

Ausblick und Bedeutung für die Praxis

Die ökonomische Bewertung einer teilflächenspezifischen Bewässerung ist eine weitere wesentliche Projektaufgabe. Die Kosten-Nutzen-Analyse zur Bewässerungswürdigkeit basiert u.a. auf der Erfassung der Erträge in teilflächenspezifisch, gleichmäßig und nicht bewässerten Bereichen und der entsprechenden Voll- und Teilkostenrechnungen. Ermittelt werden die Wirkungen auf den Wasser- und Energieverbrauch im Vergleich zur konventionellen Bewässerung auch zur Abschätzung der Umweltleistungen der neuen Verfahrensweise. Hierzu gibt es erste Ergebnisse, allerdings muss mindestens eine weitere Bewässerungssaison abgewartet werden, um gesicherte Aussagen machen zu können. Letztendlich werden Handlungsempfehlungen zur teilflächenspezifischen Bewässerung und zur Bewässerungssteuerung für Agrarbetriebe in Brandenburg und vergleichbaren Regionen erarbeitet.

Wetterdaten - Niederschlag und Verdunstung - Ein Unsicherheitsfaktor?

Für die Modellierung des Wasserbedarfes landwirtschaftlicher Kulturen ist es nötig, kommende relevante Ereignisse, sowohl die potentielle Evapotranspiration als auch die Niederschläge, zu berücksichtigen. Diese Ereignisse werden durch metoerologische Modelle erstellt, die eine unvermeidliche Ungenauigkeit aufweisen. Deshalb kommt es oft zu einer Abweichung zwischen Prognosewerten und den real eingetretenen Ereignissen. Es wurde daher in dem Projekt auch überprüft, mit welchen Prognosefehlern zu rechnen ist.

Dabei wurden die Werte der Vorhersage für Niederschlag und die potentielle Evapotranspiration (PET) mit den real eingetretenen Ereignissen überprüft. Für die eingetretenen Ereignisse wurde beim Niederschlag auf die RADOLAN Daten und für die PET-Werte auf die Tages AMBAV-Werte des DWDs zurückgerifffen.


Niederschlag

In der Auswertung zeigte sich, dass die modellierten/ prognostizierten Werte des Niederschlages über einen Zeitraum von 6 Tagen im Voraus mit einer überraschend hohen Genaugigkeit die dann eintretenden Ereignisse vorhersagen. Betrachter Zeitraum ist hier Februar bis Dezember 2017.

Folgende Aussagen sind zu treffen

  • Es werden prinzipiell und tendenziell die eingetretenen Ereignisse über den gesamten Prognosezeitraum leicht überschätzt.
  • Durchgehen werden etwa 25 – 30% der Ereignisse exakt vorhergesagt (Abweichung = 0mm).
  • 50% der Vorhersagen umfassen meist einen Bereich von 0 bis ca. 1mm.
  • 75% der Vorhersagen umfassen einen Bereich von ca. -2 bis +3mm.
  • ca. 87-90% der Vorhersagen umfassen einen Bereich von -5 bis +5mm mit lecht abnehmender Genauigkeit bei zunehmenden Prognoseabstand.
  • In der Niederlausitz sind die mittleren Abweichungen der Vorhersagen offenbar geringer ausgeprägt als die für die Ostprignitz
  • Ausbleibende Niederschläge bzw. geringe Niederschläge werden zu über 90% korrekt vorhergesagt
  • Die Abweichungen in den einzelnen Monaten ist anders verteilt. Hier zeigt sich, dass v.a. Starkniederschlagsereignisse in Ihrer Höhe ungenauer prognostiziert werden als moderate Niederschläge. Dies betrifft zum Beispiel die Monate Juli und August 2017
  • Die mittleren Abweichungen über den gesamten Zeitraum sind im Bezug auf Beregnungsempfehlungen allgemein vertretbar und lassen tendenziell bei Befolgen der Prognosen eine sichere Wasserversorgung für den Pflanzenbestand vermuten.

Potentielle Evapotranspiration (PET)

In der Auswertung zeigte sich, dass die modellierten/ prognostizierten Werte der PET über einen Zeitraum von 6 Tagen im Voraus vergleichsweise hohe Variation aufweisen. Dies ist einerseits bedingt durch jahreszeitliche Variabilitäten andererseits durch die Komplexität der Ermittlung des AMBAV-Wertes. Betrachter Zeitraum ist hier Februar bis Dezember 2017.

Folgende Aussagen sind zu treffen

  • Eine exakte Vorhersage des PET Wertes ist relativ unwahrscheinlich.
  • es existieren jahreszeitliche bedingte Schwankungen der Abweichungen, im Sommer sind diese am größten.
  • tendenziell werden reale PET Werte überschätzt.
  • eine abnehmde Genauigkeit der Prognosen bei zunehmendem Vorhersagezeitraum ist zu beobachten.
  • Durchgehend werden nur etwa 5% der Ereignisse exakt vorhergesagt (Abweichung = 0mm).
  • ca. 50% der Vorhersagen umfassen meist einen Bereich von -0,5 bis ca. +0,5 mm innerhalb der Periode Februar bis Dezember 2017.
  • etwa 75% der Vorhersagen umfassen einen Bereich von ca. -1 bis +1mm innerhalb der Periode Februar bis Dezember 2017.
  • während der Sommermonate Juli bis August 2017 umfassen im Mittel ca. 50% der Vorhersagen einen Schwankungsbereich von 0 bis ca. 2 mm bei zunehmender Genauigkeit kurzfristiger Vorhersagen.
  • für den Standort der Ostprignitz weisen die Prognosen durchgängig höhere Genauigkeiten gegenüber dem Standort ind der Niederlausitz auf.
  • Die tendenzielle Überschätzung eintretender PET in den Sommermonaten ist insofern vertretbar, da hierbei der prognostizierte Wasserbedarf eher überschätzt wird und bei der Berücksichtigung der Prognosen bei der Beregnungssteuerung eine sichere Wasserversorgung für den Pflanzenbestand wahrscheinlich ist.

Was bedeutet Trockenheit eigentlich?

Oftmals wird von „Trockenheit“ oder „trockenen Jahren“ oder „trockenen Sommern“ gesprochen.

Doch was bedeutet dies eigentlich? Gibt es eine einheitliche Definition?

Was Trockenheit bedeutet, hängt vom Kontext ab, den man betrachtet. Es kann eine meteorologische Trockenheit existieren aber auch eine Trockenheit des Bodens betrachtet werden.


Trockenheit des Boden

Trockenheit des Boden  kann heißen, dass über eine längere Zeit der Boden eine geringere nutzbare Feldkapazität hat, als ein bestimmter Schwellenwert. Zum Beispiel kann diese Schwelle bei 50% liegen. Hier ist im allgemeinen bei  Pflanzen mit Trockenstresserscheinungen zu rechnen. Allerdings ist natürlich auch die betrachtete Tiefe des Boden wichtig. Somit ist Trockenheit des Bodens auch abhängig davon, welche Pflanzenarten betrachtet werden. Über eine zurückliegende Zeitspanne kann man eine durchschnittliche Anzahl von Tagen ermitteln, bei denen dies vorkam. Liegt nun im aktuellen Zeitraum die Anzahl darunter, kann man schon von einer Trockenheit sprechen.

Trockenheit des Wetters

Hier kann man versuchen, die Abweichungen von langjährigen Mittelwerten einer z.B. 30-jährigen Reihe zu betrachten. Dabei ist der zu betrachtende Zeitrahmen relevant. Es können daher trockene Jahre, Jahreszeiten aber natürlich auch Monate oder ganze Dekaden auftreten. Letzeres verursacht dann meist Dürrekatastrophen.


Ab wann ist es nun trocken?

Diese Frage kann nur statistisch beantwortet und begründet werden.

Nach DIN 4049 liegt ein trockenes Jahr dann vor, wenn der Jahresniederschlag eines Jahres kleiner ist als der arithmetische Mittelwert einer Zeitreihe minus der Standardabweichung.

Der DWD, insbesondere die Agrarmeteorolgie, betrachtet eine trockene Periode, also zum Beispiel ein Jahr, als trocken, bei der eine Menge Niederschlag fällt, die kleiner als das 20% Perzentil einer Referenzreihe ist. Dies ist rein statistisch betrachtet weniger als die DIN 4049 Definition, da die Standardabweichung das 33 1/3% Perzentil einer normalverteilten Reihe ist.

Durch die statistische Verteilung der Niederschläge, die im Regelfall keine statistische Normalverteilung aufweisen, tritt die Situation auf, dass sich beide Werte ähneln und jeweils nur um ein paar mm abweichen. Dies ist auch der Fall, wenn man bei der Ermittlung von Trockenheitsschwellen nach DIN 4049 den Median, also das 50% Perzentil, verwendet.

Mittelwerte des Niederschlages in der Periode
Quelle DWD CDCannuellFrühjahrSommerHerbstWinter
Deutschland1986-2017806,9175,4246,2194,4190,5
Brandenburg1986-2017585,8124,3196,5132,9132,9
Schwellenwerte [mm] für Niederschlagstrockenheit der Periode im Vergleich zur Situation
DeutschlandannuellFrühjahrSommerHerbstWinter
DIN 40491986-2017713,6135,8208,4147,1145,2
DWD1986-2017721,9135,8220,1152,3147,8
Situation2017858,7157,9307,3224,6116,4
Brandenburg
DIN 40491986-2017492,690,3145,995,899,4
DWD1986-2017511,589,6155,799,3104,0
Situation2017719,1114,3319,3173,5116,6

Es gibt also sehr unterschiedliche Ansätze dazu, was zum Beipiel ein „trockener Monat“ oder ein „trockener Frühling“ bedeuten kann. Betrachtet man den Niederschlag, haben beide vorgestellten Definitionen ähnliche „Schwellenwerte“, ab denen man zum Beispiel von einem „trockenem Jahr“ oder einem „trockenem Frühjahr“ sprechen kann.

Es zeigt sich, dass das Jahr 2017 feuchter als der Durchschnitt war, der Frühling in Brandenburg trockener als der Durchschnitt  aber noch kein „trockener Frühling“ nach beiden Definitionen war. Der Winter 2016/2017  für Deutschland kann als ein „trockener Winter“ bezeichnet werden. Der Brandenburger Winter „nur“ unterdurchschnittlich.